Victoria Cassano, Mezzosopran Veronika Skuplik UrgentMusic Michael Wersin

Der Affekt der Klage hat die Komponisten der Barockzeit vielfach zu besonders bewegenden und erschütternden Kompositionen inspiriert: Die Gattung des «Lamento» beinhaltet zahlreiche expressive Höhepunkte u.a. des geistlichen Repertoires dieser Zeit.

Die spanische Mezzosopranistin Victoria Cassano stellt den eindrucksvollen «Pianto di Maria» des venezianischen Komponisten Giovanni Battista Ferrandini (1710–1791) ins Zentrum ihres Programms. Diese grosse Marienklage, die lange Zeit Georg Friedrich Händel zugeschrieben wurde, gleicht in einigen inhaltlichen Aspekten dem häufig vertonten «Stabat Mater». Ihr italienischer, nicht liturgisch kanonisierter Text inspirierte den auch auf dem Gebiet der Oper tätigen Komponisten zu höchster Expressivität beim musikalischen Verinnbildlichen der Qualen, die Maria unter dem Kreuz ihres Sohnes erleidet. Eine besetzungstechnische Besonderheit des Werkes ist die üppige Streicherbesetzung: Bis zu vier Violinen plus Viola gesellen sich in den ariosen Abschnitten zur Gesangsstimme, wodurch die klangliche Intensität ein Höchstmass erreicht.

Aus ihrer spanischen Heimat präsentiert Victoria Cassano ausserdem eine selten zu hörende Karwochen-Lamentation von Sebastián Durón (1660–1716). Durón war u.a. an der Kathedrale von Sevilla und am Königshof in Madrid beschäftigt und verbindet in seiner geistlichen Musik auf kreative Weise die «prima pratica» der Spätrenaissance mit der gesteigerten Text-Affinität des barocken Stils.