Sonntag, 10. Februar

Consort for several friends Michael ­Wersin

Locke unlocked – Englische Consort-Musik des 17. Jahrhunderts

Beate Knobloch, Blockflöte
Rachel Harris, Violine
Franziska Finckh, Viola da gamba
Barbara Leitherer, Viola da gamba
Andrea Cordula Baur, Theorbe Michael Wersin, Truhenorge

Konzert:
17.00 Uhr, Kirche St.Mangen
Konzerteinführung:
Michael Wersin
16.00–16.30 Uhr, Kirche St.Mangen



Das «Consort for several friends» hat sich eigens für den Auftritt beim Festival AMSG 2019 gegründet. Der Besetzung nach ist es ein «broken» oder «mixed consort»: Es besteht nicht (wie das sog. «whole consort») ausschliesslich aus Instrumenten einer einzigen Gattung – also etwa allein aus Streichinstrumenten –, sondern ist zusammengesetzt aus mehreren Streichinstrumenten und einem Blasinstrument und wird ausserdem durch einen Chitarrone und eine Truhenorgel ergänzt. Letztere stärken die harmonische Ebene der Musik mit akkordischem Spiel.

Das Musizieren in einer Consort-Besetzung und das dazugehörige Repertoire, die «Consort-Musick», ist eine typisch englische Form musikalischer Gesellschaftskunst, die unter dieser Bezeichnung ab dem elisabethanischen Zeitalter – also der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts – nachweisbar ist und sowohl am Königshof als auch in privaten Bürger- und Adelshaushalten gepflegt wurde. Ihren Endpunkt fand diese einzigartige Tradition mit Henry Purcell (1659-1695), der das Repertoire noch um zahlreiche besonders eindrückliche Werke bereicherte.

Das Programm «Locke unlocked» erschliesst bedeutende Werke aus der späteren Zeit des Consort-Musizierens: Neben Henry Purcell sind Matthew Locke (1621–1677) und William Lawes (1602–1645) unter den präsentierten Komponisten. Sie haben zum Consort-Repertoire Suiten (Folgen aus Tanzsätzen wie «Pavan» oder «Gaillard»), Fantasien oder auch Variationen über eine Basslinie («Ground») beigetragen.

Zu den reizvollen Wesensmerkmalen der Consort-Spiels gehört neben der wohlklingend-harmonischen Ausgewogenheit des Klangkörpers die faszinierende Ruhe und Gesammeltheit, die die Musik ausstrahlen kann. Schon der zeitgenössische Musiker und Musikschriftsteller Thomas Mace (1613-1709) beschrieb die Consort-Musick als «lovely, and very contentive» (lieblich und Zufriedenheit vermittelnd).

Historisch gesehen kann man diese Ruhe als Kontrapunkt zu jener Unruhe verstehen, die in politisch bewegter Zeit so manche Biografie durcheinandergeschüttelt hat. So war auch das Musikerdasein im England des 17. Jahrhunderts oftmals keine ungetrübte Freude: Mit den englischen Königen wechselte immer wieder auch das offizielle religiöse Bekenntnis (anglikanisch, puritanisch, calvinistisch… Katholiken hatten es fast unter jeder Regentschaft nicht leicht), und rasch konnte man als am Hof Beschäftigter in Ungnade fallen oder auch anlässlich von Umstrukturierungen der Hofmusik über Nacht arbeitslos werden. In der Cromwell-Ära (1649–1658) und unter dem Calvinisten William III. (er regierte von 1689 bis 1702) kam das höfische Musikleben aus religiösen Gründen fast vollständig zum Erliegen.

In den Lebenswegen von Matthew Locke oder Henry Purcell spiegeln sich diese allgegenwärtigen Unwägbarkeiten markant wider. Das gemeinsame Musizieren wird nicht selten eine Art Rückzugsraum im wechselvollen Alltag gewesen sein. Von all dem – und natürlich auch von der aller Unbill zum Trotz wahrhaft exzeptionellen Kreativität der Komponisten – kündet die fesselnde Ausdruckstiefe des Repertoires.