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Sonntag, 11. Februar


Vincent Bernhardt,
16-Fuss-Cembalo


«…durch alle Tone und Semitonia» –
Aus J. S. Bachs Wohltemperiertem
Clavier Teil II

17:00 Uhr
Konzert

16:15 Uhr
Einführung

Ort: St.Mangen

Anschliessend sind sie herzlich zum Apéro
im Kirchgemeindehaus eingeladen



Schon bevor sich die Frage nach einer «modernen» oder einer «historisierenden» Interpretation überhaupt stellt, präsentiert sich Johann Sebastian Bachs Wohltemperiertes Klavier als ein Kosmos musikalischer Vielfältigkeit und Schönheit, als ein faszinierend kreatives Spiel Bachs mit den zu seiner Zeit etablierten Formen und Satzarten. Die Gegenüberstellung von zweimal 24 Präludien und Fugen knüpft an die gängigen Satzarten vor allem der damaligen Orgelmusik an, aber die strikt paarige Verknüpfung je eines satztechnisch freien gestalteten Präludiums mit einer kontrapunktisch strengen Fuge ist in dieser Konsequenz ungewöhnlich. Faszinierend ist die Fülle der Formen, die Bach verwendet: Tanz-, Toccaten- oder Concerto-Sätze bei den Präludien gesellen sich zu Stile-Antico-Ricercaren oder neuartigen Doppel- und Tripel-Fugen.

Dass Bach mit diesen Satzpaaren dann chromatisch aufwärts durch die Dur- und Moll-Tonarten aller Tasten der Klaviatur wandert, bringt die Frage nach der zu verwendenden Stimmung des Instruments ins Spiel: Meint «wohltemperiert» etwa – wie man lange dachte – die heute übliche gleichschwebende Stimmung, bei der alle Halbtonschritte auf dem Klavier exakt dieselbe Hertz-Zahl aufweisen, oder ist eine historische Stimmung gemeint, die nicht auf der historisch irrelevanten Methode «Oktave durch zwölf» beruht? Heute ist klar, dass Bach mit einer nicht gleichschwebenden Stimmung rechnete, in der jede der vielen Tonarten des Quintenzirkels ein wenig anders und damit individuell klingt.

Wie Bach genau seine Instrumente gestimmt hat, wissen wir nicht, aber Vincent Bernhardt, der in diesem Konzert eine Auswahl von Präludien und Fugen aus dem zweiten Teil des «Wohltemperierten Claviers» spielt, hat sich für eine theologisch und zahlensymbolisch konnotierte Stimmung entschieden, die mit überlieferten Stimmungen der Bach-Zeit verwandt ist.

Eine besondere klangliche Note erhält Vincent Bernhardts Darbietung durch die Verwendung eines 16‘-Cembalos, das, dem Prinzip nach vergleichbar mit einer Orgel, «mehrchörig» ist, also für jede Taste verschiedene, in puncto Klangfarbe und Lage unterschiedliche Saiten zur Verfügung hat. Dadurch können die einzelnen Stücke auf je individuelle Weise «registriert» werden, was den klanglichen Reiz und den Abwechslungsreichtum massgeblich erhöht. Dem Kosmos der Sammlung wird ein kleiner Kosmos der interpretatorischen Möglichkeiten gegenübergestellt.